Wir hatten es tatsaechlich geschafft eine Erlaubnis fuer den Besuch von Arnhemland zu bekommen. So machten wir uns voller Spannung auf die lange Fahrt (ca. 700 km ) nach Gapuwijak.
Der Unterschied zwischen Arhnemland und dem Rest von Australien koennte groesser nicht sein. Hier waren wir nun mehr denn je am Ende der Welt und tauchten in ein ganz anderes Leben ein. Wir waren zu Gast bei zwei Lehrern des Ortes, Meganan und Phil.
Als wir im Dorf einfuhren war die Aufregung gross. Wir sahen bald einige
Kinder und fragten sie nach dem Haus unserer Gastgeber. Doch sie verstanden
uns offensichtlich nicht recht. Sie winkten, schrieen und lachten, doch
wo Phil und Meganan waren fanden wir nicht heraus. So fuhren wir langsam
weiter und es folgten uns viele Blicke aus dunklen Augen. Was uns waehrend der
langsamen Fahrt am meisten auffiel, war der viele Abfall. Ueberall lagen
leere Buechsen, Ueberreste von allen moeglichen Gegenstaenden, Papier und
sogar gebrauchte Windeln am Strassenrand. Doch nirgends sah man betrunkene
Aboriginals.
Schliesslich schafften wir es die Schule zu finden. Sobald wir ausstiegen,
sprangen 20 Kinder um uns herum und schwatzten auf uns ein. Wir waren etwas
ueberwaeltigt von so viel Aufmerksamkeit. Bald klebten die Kleineren an
unseren Haenden und Beinen, waehrend wir versuchten den Groesseren verstaendlich
zu machen, dass wir die Leherer suchten. Irgendwann klappte dann die Kommunikation
und wir fanden heraus, dass die Lehrer im Lehrerzimmer in einer Konferenz
waren. Der Laerm draussen war dann wohl bis ins Lehrerzimmer gedrungen und
jemand kam heraus um den Grund der Aufregung zu finden. Der Anblick musste
lustig gewesen sein. Sie sahen vier ziemlich ueberforderte Weisse in einem
Gewirr von aufgeregten schwarzen Kindern. Schliesslich erloeste uns Phil
von den Kindern und wir fanden "Zuflucht" im Lehrerzimmer! :-)
Gapuwijak war ein sehr grosser Unterschied zu allem, was wir bis jetzt in
Australien gesehen hatten. Ziemlich schwierig dies in Worte zu fassen. Es
ist total spannend und gleichzeitig auch anstrengend. Wir sind das Zentrum
der Aufmerksamkeit, sobald wir das Haus verlassen. Daran mussten wir uns
erst ein wenig gewoehnen. Viele der Kinder, vor allem die Kleineren, koennen
wenig bis gar kein Englisch. Unter sich sprechen sie nur ihre eigene Sprache.
Sie lernen English in der Schule, brauchen es jedoch nur wenig, da wenige
ihr Dorf verlassen. Die Leute haben Haeuser, die aber nur wenig gepflegt
sind und die sie nur zum Schlafen brauchen. Der groesste Teil des Lebens
findet draussen statt.
Wir wurden bald alle von einem der Kinder in eine "Hautgruppe" adoptiert.
Damit standen wir automatisch in bestimmten Beziehungen zu allen Leuten
im Dorf. Die Beziehungen unter den Aboriginals selber funktionieren alle
nach diesem ziemlich komplizierten System der Skingroups. Somit hatten wir
nun bereits Schwestern, Brueder, Onkel, Tanten, Muetter, Grossmuetter ect
im Dorf. Es war eine schoene Geste, die uns zeigte, dass wir willkommen
waren.
Nach einer kurzen Verschnaufpause unternahmen wir einen Spaziergang durchs
Dorf. Weit kamen wir allerdings nicht, denn als wir den Dorfspielplatz kreuzten,
stuerzten sich die lieben Kleinen wieder auf uns. Unser Spaziergang endete
im Jubel und Trubel, in dem die Maenner die Kinder als "Flugzeuge" durch
die Luft wirbelten und wir Frauen die verschiedenen Fingerspiele von ihnen
lernen und mitspielen mussten.
Dabei wollte jeder der erste sein und manchmal waren sie recht grob zueinander,
indem sie sich wegstiessen oder anschrieen. Doch alles endete schliesslich
wieder in einem Lachen. Als wir endlich versuchten unsern Weg fortzusetzen,
folgten uns all die Kinder, kletterten wie Aeffchen an uns herum und hatten
offensichtlich einen Mordsspass. Wir kamen endlich beim Haus an und waren
richtig erschoepft. Es war bereits dunkel und wir beendetetn den ereignisreichen
Tag mit einem Barbie und interessanten Erklaerungen ueber die Kultur der
Aboriginals, die sich selber "Yolngu-People" nennen.
Daniela und Roger erschoepft
Fuer jeweils drei Tage in der Woche faehrt Phil in die Homelands. Dies ist ein Ort, der ungefaehr eine Stunde Autofahrt, ueber rauhe Buschpiste, von Gapuwijak entfernt ist. Der Ort besteht aus drei Haeusern und wir von einer Familie bewohnt. In der Schule sind zwischen 5 und 9 Kinder. Der Ort liegt direkt an der Kueste und die Leute sind hervorragende Fischer. Gapuwijak ist schon abgelegen, doch dieser Ort war es wenn moeglich noch mehr. Bereits die Anfahrt war ein Erlebnis. Da wir nicht mit unseren eigenen Autos fahren konnten, sassen wir im Schul-Landcruiser hinten drin. Phil fuhr mit einem aussie-maessigen Tempo (d.h. sehr sehr schnell) ueber die Piste und wir wurden richtig uebel durchgeschuettelt. Beim Aussteigen hatten wir ein seltsames Gefuehl so einfach in diesem winzigen Ort aufzutauchen.
Das Schulhaus
Wir drangen in eine sehr fremde Welt ein. Doch nach einem Fussballspiel mit den Kindern vor dem Unterricht war das Eis gebrochen. Es fiel uns auf wie schnell und geschickt sich die Kinder bewegten. Hier gab es keine Uebergewichtigen.
Switzerland?
Zurueck im Schulzimmer begann der Unterricht, der aehnlich und zugleich
ganz anders war als wir es kennen. Die Kinder lasen zwar auch in einem Buch,
rechneten und loesten Arbeitsblaetter, doch am Schluss der Stunde blieben
von den sieben Kindern noch vier. Phil erklaerte uns, dass dies normal war.
Obwohl die Kinder eigentlich Schulpflicht haben, tauchen sie zum Teil nur
sehr unregelmaessig auf. Damit muesse man sich als Lehrer einfach abfinden.
Schule hat hier mehr einen Unterhaltungswert als Bildungszweck.
Fuer uns war es natuerlich total interessant und als nach der Schule die
aelteren Jungen ihre Didgeridoos und Clapsticks holten und begannen zu spielen,
waren wir fasziniert. Ein anderer Junge zeigte uns ein Bushtucker ( Essen
aus dem Busch). Es war eindruecklich diese Kinder in ihren natuerlichen
Umfeld zu sehen. Hier konnten sie ihre Traditionen noch leben und wir durften
es erleben. Was fuer ein Unterschied zu den armen Geschoepfen, die wir in
den Staedten sahen!!
Zurueck in Gapuwjak assen wir zuerst Morgenessen und verdauten die vielen Eindruecke. Spaeter wollten wir noch die Ankunft des Versorgungsschiffes miterleben. Alle, die etwas brauchen muessen es in Darwin per Fax bestellen und es wir dann mit dem Schiff geliefert – wenn es klappt. Peter war bald in ein Gespraech mit den Arbeitern vertieft und sie zeigten uns auch gern das Schiff. So konnten wir auf die Bruecke und der stolze Kapitaen zeigte uns alle Instrumente.
Als alles ausgeladen war, fuhren wir wieder ins Dorf zurueck. Wir machten uns
auf den Weg in die Schule. Es war das erste Mal, dass wir alleine unterwegs
waren.
Doch es schien, als wuerden uns schon die meisten Leute kennen. Auf der Strasse
trafen wir auch einige Frauen mit Kindern, die winkten und lachten. Wir winkten
und lachten zurueck. Da begann eine Frau mit uns zu sprechen. Sie sagte uns,
dass sie frischen Fisch gefangen haben und zeigte uns stolz ihren Fang. Sie
erklaerte uns, dass sie die Fische in Paperbark ( Rinde von einem Baum ) wickeln
wuerden und sie so im Feuer kochen. Wir waren natuerlich interessiert und
wollten gerne zuschauen. Sie liessen uns gerne, waren dann aber ein bisschen
scheu, als ich Fotos machen wollte.
Wir schauten zu und waren so fasziniert von diesen Menschen und ihrer Kultur,
dass wir die Zeit ganz vergassen. Als wir uns schliesslich bedankten und
verabschiedeten, trafen wir gerade Megan auf ihren Heimweg. Die Schule war schon
aus. So war also fuer heute nichts mehr mit Schule besuchen. Doch wir hatten
bereits wider so viel erlebt, dass wir schon ganz erfuellt von Eindruecken waren.
Nun hatten wire in wenig mehr Einblick ins Leben der Aboriginals bekommen und es
wurde uns umso mehr bewusst, wie verschieden unsere Voelker waren.
Als uns Phil einlud, am Wochenende an einem Ausflug teilzunehmen, waren wir
begeistert.
Am naechsten Tag besuchten wir dann die Schule. Es war sehr unruhig im
Klassenzimmer und offensichtlich, dass die Kinder nicht besonders interessiert
waren am Lernen der westlichen Kulturtechniken.
Ich fand es anstrengend, sogar zum Zuschauen! Ich haette wohl nicht den Nerv, in
einer solchen Umfeld zu unterrichten. Hut ab vor den LehrerInnen, die das auf
sich nehmen.
Spaeter halfen wir Megan in der Bibliothek. Gegen Nachmittag kam Phil vorbei und
berichtete uns, dass er eine Matte fuer uns gefunden hatte. Eines der
Kunsthandwerke der Youngu ist das Flechten von Matten aus Palmenfasern. Sie
haben uns so gut gefallen, dass wir gerne eine kaufen wollten. Doch Phil meinte,
dass das nicht so einfach sei, da die meisten nach Darwin in die Galerien
verkauft wurden. So freuten wir uns dann besonders, dass wir nun eine erhalten
konnten.
Das Haus der Verkaeuferin sah recht vergammelt aus, aber die Matten waren
wunderschoen. Wir konnten uns gar nicht recht entscheiden. Nach etwas verhandeln
und diskutieren hatten wir aber dann unser erstes Souvenier.
Zurueck in der Schule, wurde es Peter ploetzlich furchtbar schlecht. Er
verbrachte den Rest des Tages zwischen Toilette und Bett.
Leider fuehlte er sich am andern Tag nicht fit genug, um uns auf dem Ausflug zu
begleiten. So war ich als Einzige dabei und war gespannt, was alles passieren
wuerde.
Wir holten die Familie bei ihrem Haus ab. Neben den zwei Erwachsenen stiegen
noch sieben Kinder ein. Das Auto war zum Bersten voll. Die rumplige Fahrt
dauerte gute drei Stunden. Schliesslich kamen wir an und ich stieg mit steifen
Beinen aus. Der erste Eindruck war aehnlich, wie bei den andern Orten, ziemlich
dreckig. Es lag hier, wenn moeglich noch mehr Abfall herum.
Die Kinder sprangen aus dem Auto und suchten sich zuerst etwas Bush-Tucker.
Dann
machten wir uns zum Angeln bereit. Ausgeruestet mit einem grossen Topf voller
Wuermern und Handleinen stiegen wir den Abhang zum Fluss herunter. Die
landschaft war wunderschoen. Es hatte eine Lagune mit Seerosen und alles
leuchtete in verschiedenen Gruentoenen.
Es dauerte nicht lange und die ersten Fische zapelten an der Angel. Sobald es
genug fuer alle hatte, entfachte Ean ein Feuer und bratete die Fische direkt
darin. Nach einigen Minuten konnte man sie herausnehmen, die Haut abziehen und
hatte wunderbaren saftigen Fisch!
Als “Teller” gab es Rinde und zum um trinken suessen Schwarztee aus dem Billie. Gegen Abend
kamen wir ins Dorf zurueck. Einige der Dorfmitglieder waren heute am Jagen
gewesen und diese Jagd war offensichtlich erfolgreich. Es lagen 2 Kaenguruhs und
2 Magpie-Gaense zum Kochen bereit. Die Frauen waren damit beschaeftigt einen
Erdofen zu bauen und ein Feuer zu entzuenden. Gerne waere ich laenger geblieben,
um dem Treiben zuzuschauen und etwas vom Essen zu kosten. Doch es wurde schon
langsam dunkel und wir hatten noch einen langen Heimweg.
So begannen wir unsere Sachen ins Auto zu packen. Alle Kinder waren versammelt,
wir hatten uns verabschiedet und waren bereit zum Losfahren. Ploetzlich entstand
Unruhe und zwei Frauen begannen mit Ean zu diskutieren. Wir wurden informiert,
dass diese beiden Frauen sich entschlossen hatten mit uns nach Gapuwijak zu
fahren. Also stiegen alle wieder aus und es wurden manche Gepaeckstuecke
angeschleppt, von denen eines nach dem andern in den bereits vollen Kofferraum
gequetscht wurde. Als ich ueberzeugt war, dass nicht mal mehr die Aboriginies
noch mehr einladen konnten, brachte man eine tote Gans und zwei Kilo
Krokodilfleisch. Dies kam oben aufs ganze Gepaeck, neben die Fische. An diesem
Punkt schritt Phil ein und versuchte, wenigstens ein wenig Ordnung zu schaffen
und das Fleisch in den Eski ( Kuehltasche ) zu versorgen. Endlich war alles
bereit. Es befanden sich nun 7 Erwachsene, 8 Kinder, 6 Fische, 1 Gans, ein Teil
von einem Krokodil und viel Gepaeck im Auto. Der Platz war genuegend ausgenuetzt
und wir konnten losfahren.
Bis wir ankamen war es bereits stockdunkel. Ich war ziemlich geschlaucht, aber
voller neuer Eindruecke. Als kroenender Abschluss des Tages gab es als
Nachtessen ein Krokodilcurry.
Am naechsten Tag fuehlte sich Peter wieder fit, dafuer biss mich das Krokodil in
den Magen. Ich hatte offensichtlich etwas zu viel authentische Kultur erwischt.
Fuer Peter wurde es ein gemuetlicher Tag am Billabong ( Wasserloch ) mit unsern
Gastgebern und Roger. Ich lag derweil flach und Daniela leistete mir
Gesellschaft.
Fuer uns wurde es Zeit, uns wieder von Megan und Phil zu verabschieden. Langsam,
aber unerbittlich rueckte das Datum des Rueckfluges naeher. Wir hatten noch mehr
als 6000 km zurueck zu legen und den Transport vom Auto zu organisieren.